Nancy, Europa und der Jugendstil

Auch bei der 15.Kulturreise unseres Vereins (1.-4.10.2015) war fast alles ‚wie gehabt‘: Innerhalb weniger Tage war die Reise bereits im Frühjahr ausgebucht und die 56 Plätze vergeben. Nancy war zwar vor knapp 20 Jahren schon einmal Ziel unseres Vereins gewesen, das tat indessen dem erneuten Interesse keinen Abbruch. Der zwischenzeitlich längst verkehrsfreie Stanislas-Platz im Herzen der lothringischen Stadt strahlte zum Wochenende in hellstem Sonnenschein und eine temporäre Gartenpräsentation sorgte für Grün und viele Anregungen auf dem Platz, während man in den angrenzenden Cafés den „kleinen Schwarzen“ vor den schmucken Fassaden des Rathauses genoss. Kennern gilt der Stanislas-Platz als einer der schönsten europäischen Plätze. Angetreten hatten unsere Frankreichfreunde die Reise unter dem Thema des „Jugendstils“ und in zwei Stadtrundgängen und einer Stadtrundfahrt lernten sie in Kleingruppen die Architektur dieses vor dem 1.Weltkrieg entstandenen Baustils kennen. Der florale Stil beeinflusste aber auch die Malerei und Innendekorationen und so war bereits der erste Abend in der ehrwürdigen Brasserie „Excelsior“ nicht nur ein kulinarischer Genuss, sondern auch ein Höhepunkt mit historischem Hintergrund. Die Kulinarik kommt auf unseren Kulturreisen sowieso nicht zu kurz: bei dieser Fährt machten die Teilnehmer aber ganz neue Erfahrungen. Erstmals mussten sie selbst zum Kochlöffel greifen und in einem Lothringischen Landgasthaus eine typische Quiche Lorraine backen. Das brachte nicht nur viel Spaß, auch die Erfolge konnten sich sehen lassen: Anschließend wurde zu Tisch gebeten. Einen ungewöhnlichen und bisweilen sehr privaten Eindruck bekamen die Holzwickeder dann beim Besuch des eher unbekannten Renaissanceschlosses von Fléville. Die Eigentümerin, Gräfin Marie Charlotte de Lambel, führte die Gruppe in sehr persönlicher Art durch die Räume des Schlosses, welches einst der Verteidigung Nancys diente und auch mittelalterliche Bauelemente bis heute bewahren konnte. Der letzte Reisetag endete dann auf der Rückfahrt mit einem weiteren Höhepunkt: in dem kleinen Ort Scy bei Metz besuchten die Holzwickeder das Wohnhaus von Robert Schuman. Der Mitbegründer der Europäischen Union gerät neben Größen wie de Gaulle und Adenauer bisweilen in den Schatten, obgleich er der gedankliche Begründer der Montanunion war und später französischer Außenminister, der sich vehement für die deutsch-französische Aussöhnung einsetzte. Das Wohnhaus, in dem er auch 77jährig starb, bot interessante und sehr private Einblicke in das bescheidene Leben dieses großen Europäers.